Die Legende des Phönix
Aus den arabischen Ländern ist der Feuervogel Phönix über Griechenland in unsere Gefielde gereist. In Ägypten war sein Name ‚Benu‘, dies heißt übersetzt ‚der Neugeborene‘ oder auch ‚der Wiedergeborene‘. In der ägyptischen Mythologie wird berichtet, dass der Phönix ein Vogel sei, der ein hohes Alter erreichen könne. Manche Quellen sprechen von 300, andere von 500 oder sogar 1000 Jahren. Wenn der Vogel seinen Tod nahen spürt, dann beginnt er ein Nest zu bauen, welches er in einer einzigen Nacht fertig stellt. Dieses Nest wird aus kostbaren Gewürzen und Harzen gebaut, unter ihnen Weihrauch, Zimt und Myrrhe. Die genaue Zusammensetzung der Kräuter ist nur dem Phönix selbst bekannt.
Nachdem der Vogel das Nest fertig gestellt hat, begibt er sich selbst in das Nest und erhebt seine Stimme, singt in Richtung Osten, in Richtung der aufgehenden Sonne. Mit den ersten Strahlen ihres flammenden Lichtes entzünden die Sonne das vorbereitete Nest, in dem der Phönix ruht. Unter Wohlgeruch und Gesang entflammt der Vogel. Die Schmerzen des verzehrenden Feuers werden durch die Kräuter gelindert.
Ist das Nest zu Asche zerfallen und ausgekühlt geschieht etwas sonderbares. Je nach Region – es gibt verschiedene Unterarten des Phönix – findet sich in der Asche entweder ein goldenes Ei oder aber ein kleines Vögelchen. Der verbrannte Phönix ersteht somit neu und kommt mit neuer Kraft wieder in das Leben zurück.
Das Bild des Phönix, des Vogels, der mit der Sonne und dem Feuer in Verbindung steht, ist kulturübergreifend. In Russland gibt es die Legende des Feuervogels, in China den Mythos um den barmherzigen Fenghuang und in unseren heimatlichen Gefielden lebt ein winziger Verwandter des Phönix: Der Zaunkönig. Dieser kleine Kerl baut sein Nest am liebsten in Höhlen und Ritzen, mag es dunkel und behaglich, was ihm den Namen ‚Troglodytes troglodytes‘ (Höhlenbewohner) einbrachte. Doch wenn die Wintersonnenwende vorbei ist, die Tage langsam länger werden, dann ist es der Zaunkönig, welcher der Sonne entgegen fliegt und sich an ihren heißen Strahlen versengt. Er nimmt die Kraft unserer Sonne auf und bringt sie zurück zur Erde. Erkennbar wird dies am rötlichen Gefieder des Zaunkönigs, welches er im Frühjahr aufweist. Dieser Vorstellung entspricht die Idee, dass Gefieder des Feuervogels Phönix werde nicht in der aufgehenden Sonne, sondern mit den letzten Strahlen der untergehenden Sonne entzündet. Die Wiedergeburt des Phönix ist somit zugleich die Rückkehr der Sonne am folgenden Morgen.
Dem Phönix werden zahlreiche Fähigkeiten zugeordnet. So soll er in der Lage sein – ähnlich dem Vogel Roch oder Rock – sehr hohe Lasten zu tragen. Eine Feder aus seinem Gewand leuchtet in der dunkelsten Finsternis und die Tränen des Phönix haben heilerische Fähigkeiten. Sie sind in der Magie als Antidot gebräuchlich. In der neuzeitlichen magischen Kunst wird der Begriff ‚Phönixtränen‘ zuweilen als Synonym für Canabisöl verwendet.
So steht der Phönix für Unsterblichkeit auf der einen Seite und für Transformation auf der anderen Seite. Sein Gefieder ist wunderschön, golden, rot und feuerfarben schimmernd. Ein enger Freund und Vertrauter des Phönix ist der Pfau, der dem Feuervogel nur wenig an Schönheit nachsteht. Der Pfau war – bevor er in der christlichen Mythologie zum Symbol der Eitelkeit verkam – Symbol für die Unsterblichkeit. Sein Fleisch galt als ‚unverwesbar‘. In China ist der Pfau der Göttin Kuan Yin zugeordnet, deren Barmherzigkeit unermesslich ist. Auch der Pfau gilt als Transformator.
Als ich in der Sternschnuppe ankam begrüßte mich der Pfau, gemeinsam mit dem alten Phönix. Was kann es schöneres geben?
Veröffentlicht am 6. Mai 2014 in Kreatives und Arbeit und mit Magie, Mythologie, Pfau, Phoenix, Phoenixcamp, Sternschnuppe, Zaunkönig getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Ein Kommentar.
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