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Biss zum Fototermin!
30.03.2018
Fernab von den Menschen, den ganzen Tag an der Luft ohne Menschen zu hören oder zu sehen… dies ist es was ich an Irland liebe. Einer meiner Lieblingsangelplätze, die ich seit 1991 besuche, hat sich genau in diese Richtung entwickelt. Vor 20 Jahren konnte man ihn noch mit dem Auto erreichen, dann ging es noch zu Fuß und heutzutage fahren wir mit dem Boot hin. Etwa 30 Minuten dauert die Überfahrt, wenn wir einen kleinen, batteriebetriebenen Motor nehmen. Etwa dreimal so lange dauert es, wenn wir rudern – und der Wind mit spielt. Wenn wir den Tag hier draussen verbringen, dann fällt die Zivilisation, die Verstädterung und Verweichlichung des Alltags regelrecht ab. Tatsächlich kommt mir schon nach drei Tagen hier draussen das Stadtleben weit weg vor. Meine Haut verändert sich, wird rauer und ich selbst werde weniger zimperlich. Meine Hände, Fingernägel und meine Klamotten sind bald so erdig, dass erst ein ausgiebiges Bad etwas Besserung bringt. Ich liebe es nicht reden zu müssen, nur zu atmen und zu beobachten. Ich liebe das Spiel der Sonne auf dem Wasser genauso wie die dunklen Tiefen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen unserer Welt und der Anderswelt.

Nur mit dem Boot erreichbar, weit abseits der Wege.
An dieser Grenze zwischen den Welten liegt ein kleiner, gelber Fleck im Wasser. Plötzlich gibt es einen Ruck, der Punkt verschwindet in der Tiefe. Die Pose unserer Angel ist fort.
„Ein Biss“, rufe ich meinem Vater zu.
Hektik kommt bei uns nicht auf. Wir haben Zeit. Doch wir bemerken gleich, dass der Fisch nicht stehen bleibt oder einen Unterstand sucht, sondern sich zügig ins offene Gewässer des Sees bewegt.
„Ein Großer“, schließe ich aus seinem Verhalten und wir beschließen ihn zügig zurück zu holen.
Es ist der größte Hecht, den ich je in meinem Leben an der Angel hatte. Wir kriegen sie – es ist eine Hechtdame – an Land und wissen gleich: Sie wird weiter schwimmen, sie ist eine mächtige Dame des tiefen Sees. So bitten wir sie zur Vermessung und zum Fototermin. Sie ist sehr ruhig und gelassen, lässt alles über sich ergehen und dann setzen wir sie wieder in die kalten Fluten und sehen wie sie blitzartig in Richtung der ganz tiefen Gewässer verschwindet.

Gewichtheben einmal anders.
Es heißt packen und abreisen. Wir laden unsere Sachen ins Auto und verabschieden uns von unseren Angelbekannten vor Ort und von unserem Gastgeber.
„Ach, ihr reist in euren Angelsachen?“ fragt ein Kollege noch zum Abschied.
„Ja, na klar, dann brauchen wir die Sachen ja nicht als Gepäck zu bezahlen“, so ist unsere umwerfende Logik. Und während der Rückfahrt nach Dublin sage ich zu meinem Vater: „Jetzt weiß ich, warum die Dame am Flugzeug uns wieder erkannt hat.“ Wer reist denn schon in Angelkluft mit dem Flugzeug? Da fällt man offenkundig schon am Check in auf. Wir hingegen halten diese Tradition seit Jahrzehnten und werden dies – hoffentlich – auch weiterhin tun.
Mein Rätsel im letzten Beitrag wurde übrigens nicht gelöst. Vielleicht, so überlege ich gerade, sollte ich die Lösung für mich behalten. Wer hingegen noch eine Irlandkarte haben möchte kann ja sein Glück doch noch mal versuchen.
Keine Karten aus Irland
29.03.2018

Alt und knotig ist der Feenbaum, nahe einer meiner Lieblingsangelstellen.
Normalerweise erhalten meine Freunde, Bekannten und Verwandten in jedem Jahr Postkarten aus Irland. Zusammen mit meinem Vater schreiben wir an die 50 (sic!) Karten, die sich dann auf den Weg machen die Empfänger zu beglücken. Das letzte Mal hatte ich sogar Fotos aus Irland als Fotokarten drucken lassen und extra mit genommen, um sie dann zu versenden. In diesem Jahr gab es leider keine Karten aus Irland. In meiner kurzen Urlaubszeit ziehe ich mich ja in der Regel komplett zurück, lasse weder Internet noch Telefon an mich ran und selbst enge Freunde von mir wissen nicht einmal die Anschrift des Ortes, an dem ich mich befinde. Und da ich diesmal mein Adressbuch zu Hause vergessen hatte, konnte ich auch nur eine Hand voll Karten versenden, nämlich an die Menschen, deren Anschriften ich im Kopf hatte. Und dies sind die engsten Verwandten. Eine einzelne Karte ging an die Besucher des Phoenix-Camps, die sich – während ich in Irland war – mit der irischen Schutzgöttin Brigid befassten. Als Trost für die, die leer ausgegangen sind, gibt es hier noch einige bildliche Impressionen.

Rundturm, rechts daneben mein Vater.
In diesem Jahr waren wir recht umtriebig in Irland und haben einige neue Orte gefunden und erforscht. Dabei haben wir einen kleinen Friedhof gefunden, der in einer atemberaubend schönen Lage, leicht erhöht über einer Seenlandschaft liegt. Leider sah ich mich nicht im Stande die Schönheit der Aussicht auch auf einem Foto fest zu halten. Ihr müsst mir einfach so glauben, dass es ein sehr schöner und ansprechender Ort war – wenn man denn (so wie ich) einen Faibel für alte Friedhöfe, irische Landschaften und sprechende Orte hat. Auch die irischen Rundtürme haben etwas für sich, bei den Überresten der zerstörten Abby fanden wir ein sehr schönes und gut erhaltenes Exemplar. Türlos. Und hier kommt die Rätselfrage: Wie kommt man hinein? Weiß es jemand von Euch? Wer das Rätsel löst, bekommt eine Irland Postkarte von mir (allerdings von Berlin aus abgeschickt).

Ein typisch irisches Grab mit irischem Kreuz.
Diesmal mußtet ihr ein paar Tage zu lang auf meinen Irland Artikel warten. Dies liegt daran, dass ich ziemlich krank geworden bin und ein paar Tage lang komplett im Bett liegen mußte. Auch jetzt schreibe ich noch im Schlafanzug und Hausmantel, aber mir geht es glücklicherweise schon besser. Der letzte Irland Bericht, in dem ich Euch auch meinen Fang des Jahrzehnts (!) – möglicherweise auch meines Lebens – präsentiere folgt dann – samt Auflösung der Rätsel, welche die Irlandberichte aufgeworfen haben – zeitnah!
Bleibt mir gewogen!
Steine auf der Wiese
21.03.2018
Newgrange in Irland, Stonehenge in England… diese Namen haben Klang und sind Magneten für unzählige Reisende. Ersteren genannten Ort habe ich glücklicherweise zu einer Zeit besuchen können, als er noch nicht einem so breiten Publikum bekannt war. Den zweiten Ort bin ich bisher großräumig umgangen. Menschenaufläufe kann ich auch daheim in Berlin haben. Von daher interessiere mich eigentlich mehr für die Orte abseits der Wege, für die weniger bekannten Megalithanlagen. Ja, man kann sagen ich habe ein Faible für… Steine auf der Wiese.

Schon vor 20 Jahren jagde ich ihnen hinterher… Aufnahme eines Dolmens mitten auf einer Kuhweide (Sommer 1998)
Zwei Dinge findet man in Irland überall: Seen und Flüsse zum Fischen und alte Megalithanlagen. Letztere sind fast immer archäologisch erschlossen, aber sehr häufig liegen sie weit abseits der Wege. Nicht selten findet man mitten auf einer Weide, zwischen Moorgebieten, hinter Ruinen oder auch in einem kleinen Wäldchen die alten Grabanlagen der Ahnen. Manche sind auf Karten verzeichnet, andere kennen nur die Einheimschischen und wieder andere findet man zwar nicht auf den Karten, aber auf alten, verwitterten plötzlich auftauchenden Wegweisern oder laminierten Pappschildern. Und so haben sich bei mir in den Fotoalben und Ablagen nach und nach eine Menge ‚Fotos von Steinen auf Wiesen und in unwegsamen Lagen‘ – sprich Megalithanlagen – angesammelt.

Steinkreis mitten im Nirgendwo
Auch in diesem Jahr haben wir einen bisher noch unbesuchten Ort alten Ursprungs gefunden. Diesmal war der Steinkreis so unwegsam gelegen, dass wir ihn nur dadurch erreichen konnten, weil wir mit Angelklamotten unterwegs waren. Denn um diese Anlage zu erreichen mußten wir unter anderem durch ziemlich morastiges Gebiet. Manch einer kann hier bei einem Fehltritt schon einmal einen Schuh verlieren. Und dies tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes! Ich selbst hatte schon mehr als einmal solche Fehltritte, die leicht geschehen können, selbst wenn man sich in der Gegend gut auskennt. Durch das Tragen von hohen Gummistiefeln oder gar Watstiefel konnte ich in der Vergangenheit stets meinen Fuß – und im Nachgang auch mein Schuhwerk – befreien. Und so konnte ich auch in diesem Jahr wieder ein paar Steine auf der Wiese meiner persönlichen Sammlung hinzufügen.

Ein für mich altvertrauter, magischer Ort. Ich besuche ihn jedes Mal, wenn ich in Irland bin.
Magische Orte kann man bereisen. Magische Orte kann man aber auch finden, erforschen, sich erarbeiten, sie erschaffen und sie erfühlen. Irland bietet den Boden an allen Ecken und Enden Magie zu finden, zu berühren, zu atmen. Wer meinem Blog schon länger mitverfolgt weiß jedoch auch: Magische Orte gibt es überall! Auf dem Land ebenso wie in der Stadt, auf der Insel ebenso wie auf dem Festland, offensichtliche Plätze ebenso wie verborgene Orte. Alles was man braucht, um sie zu finden ist: Achtsamkeit, einen aufmerksamen Geist und Abenteuerlust oder auch Mut. Nämlich den Mut sich von alteingesessenen zu lösen.
Im nächsten Beitrag zeige ich Euch noch ein paar verzauberte Plätze, die ich in Irland gefunden habe. Lasst Euch überraschen!
P.S.: Wer wissen möchte weshalb die Dame aus dem letzten Beitrag sich an mich und meinen Vater erinnerte wird in den nächsten Tagen weiter lesen müssen 😉
An Sie kann ich mich erinnern!
20.03.2018
Begonnen habe ich meine Beiträge über die diesjährige Irland-Reise mit der Rückreise nach Berlin. Der Kälteschock hatte mich total ergriffen und auch jetzt im Moment schneit es draussen in dichten Flocken. Doch dies soll mich nicht davon abhalten einmal ‚von Vorne‘ zu beginnen…

Gleich zwei Regenbögen übereinander zeigten sich am irischen Horizont (ich fürchte den zweiten kann man auf diesem Bild nur erahnen).
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Reisende wissen das natürlich. Aus meinem Elternhaus habe ich die Lehre mitgenommen, dass es nur eine Sache gibt, in die es sich lohnt sicher Geld zu investieren: In sich selbst. Und die Form dieser Investitionen läuft über zwei empfehlenswerte Ebenen: Bildung und Reisen. Wobei letzteres ebenfalls bildet. Die geneigte Leserschaft dieses Blogs hat schon mitbekommen, dass meine Reisen mich in der Regel nicht an konventionelle ‚Urlaubsziele‘ führen, sondern dass ich nahezu ausschließlich Individualreisen mache. So eröffnen sich oft Möglichkeiten, die man sonst nicht hat: Sei es in der Wüste Gobi zu meditieren, sei es in Bejing den Menschen beim Tanzen auf der Straße zu zuschauen, sei es in Houston in einem Raumschiff zu sitzen, sei es einfach in London in der Baker Street mit den Passanten zu diskutieren. Ich tauche ab in die Atmosphäre der anderer Orte und atme die Energie der Ferne – auch wenn der Begriff ‚Ferne‘ hier natürlich relativ ist. Oftmals führen mich meine ‚Reisen‘ auch durch meine Heimatstadt Berlin. Auf den rund 900 km² der Stadt gibt es noch viel zu entdecken und ich freue mich schon auf die warme Jahreszeit. Neue Entdeckungen und schöne, alte Orte erwarten mich!

Irische Seenlandschaft im Killykeen.
Berlin und Irland verbinden Direktflüge. Manch ein Mensch hier in Berlin mag da ein staunendes ‚Oh‘ von sich geben, ist unsere Stadt doch berühmt für das Schließen, Verkleinern und Einschränken von Flughäfen, während der Neubau dergleichen nicht statt findet. Es gab mal eine Zeit, da bin ich mit meinem Handgepäck zu Fuß zu meinem Flughafen gegangen. Doch dies ist lange her und besagter Hafen existiert nicht mehr. Statt dessen tritt man sich nun in Tegel auf die Füße. Hier liegt der einzige Flughafen Berlins, ein kleiner, beschaulicher Ort, der eigentlich nicht dafür gedacht war gut 21 Millionen Menschen im Jahr abzufertigen. Und so ist auch am Tag unserer Abreise nach Irland hier sehr viel los. Mein Vater und ich, wir wuseln uns durch die Menge und kommen endlich zum Check In Schalter, wo wir bei einer freundlichen Irin unser Gepäck los werden. Dann geht es durch eine Kontrolle nach der anderen, bis wir in einer tristen Wartehalle ankommen. Nicht einmal einen geöffneten Zeitungsstand gibt es hier. Einen Kaffee kann sich mein Vater ergattern, aber so Luxusgüter wie alkoholfreies Bier gibt es hier nicht. Und so warten wir auf unseren Abflug, der dann auch pünktlich aufgerufen wird. Mit unseren Boardingpapieren wedelnd erhoffen wir Zugang zu unserem Flugzeug. Doch alle vor uns zücken zusätzlich ihren Ausweis. Unsere Ausweispapiere haben wir allerdings gut verstaut in unseren diversen Innentaschen.
„Vater, wir brauchen unsere Ausweise“, murre ich, doch da werden wir schon durch gewunken.
„Sie brauchen keine Papiere. An Sie kann ich mich erinnern!“ sagt die nette, lachende Irin, es ist die Dame vom Check In. Und verwundert gehen wir an Bord.

Irisches Koniferengewächs.
Wer nun wissen möchte, warum man sich so gut an mich und meinen Vater erinnern kann wird weiter hier lesen müssen. Wir werden in Irland ankommen, auch hier nachhaltig Eindruck hinterlassen und ich werde einige Ausflüge und Bilder mit euch teilen.
Bleibt mir gewogen und freut Euch mit mir zusammen auf den Frühling!
Irischer Frühling
18.03.2018

Vor dem Auge dehnen sich grüne Wiesen und Moore aus.
Als ich im Jahr 1991 das erste Mal nach Irland reiste, da war meine Abreise mit Tränen verbunden. Ich hatte mich so sehr in das Land verliebt, dass ich die Abreise und Trennung kaum ertrug. Ob ich jemals wieder auf die grüne Feeninsel zurückkehren würde war damals völlig unklar.
Heute ist Irland für mich nicht nur ein Ort der Sehnsucht, sondern vor allem ein Ort der Rast und Ruhe. Hier tauche ich ab in ein Leben abseits der regulären Wege. Ohne Computer, ohne Netz, ohne städtische Ablenkung und vor allem weitab von jeglicher Arbeit. Die Tage beginnen nach dem Frühstück mit Ausflügen an die Seen und Flüsse, mit Angeln und Bootsfahrten, sie enden mit der Dämmerung. Oft sind wir den ganzen Tag draussen in der Natur, weit ab von den Menschen. Ich verbringe die kurzen Abende am Kamin und gehe sehr früh schlafen. Dies ist für mich Erholung und Entspannung pur.

Die Tore zur Anderswelt findet man in Irland überall, zuweilen auch ohne geschulten Blick.
Nun bin ich wieder zurück in Berlin, wo mich ein wahrhafter Kälteschock erwischte. Da, wo in Irland frühlingshafte Winde herrschten, Frühlingsduft in der Luft lag und ein warmer Regen die Natur aus der Winterruhe weckte, da empfingen mich hier Minustemperaturen. Schon vermisse ich den Kamin mit dem prasselnden Feuer und die satten Regenbögen über dem Land. Nur langsam komme ich hier, in der Stadt der Hexen, wieder an. Hinter mir liegt eine rundum erholsame Irland-Reise und ein fröhlicher St. Patrick’s Day. Denn wo bei meiner ersten Abreise von der grünen Insel bei mir die Tränen flossen, da gab es diesmal Live-Musik am Flughafen, wo die ankommenden und abreisenden Gäste von irischer Musik willkommen geheißen und verabschiedet wurden. Dies ist die irische Mentalität, die ich so liebe.
Möge der irische Frühling bald auch hier Einzug halten!

Narzisse nach Frühlingsregen