Der Morgen einer Stadthexe

Traumhaft schön: Kreuzberg im Schnee. Gaslaterne an der Baerwaldbrücke.
Langsam schleicht sich die Stimme der Nebelkrähe in mein noch schlafendes Unbewusstes und lässt meinen Geist aus den Tiefen der Träume aufsteigen. *Krah – Guten Morgen – Krah* höre ich den Vogel im Hof. Dann spüre ich meinen Kater, der am Kopfende meines Bettes sitzt und wartet, dass ich die Augen aufschlage oder auch nur blinzle. Dann ist der Schlaf endgültig vorbei. Der Morgen beginnt. Einen Wecker habe ich nicht. Ich verlasse mich auf die Tiere, die hier mit mir leben. Und mit ihnen habe ich erst ein einziges Mal verschlafen. In ungezählten Jahren.
Immer mehr Stimmen dringen an mein Ohr. Zwei Krähen unterhalten sich, ein paar Amseln sind empört. Und es ist noch nicht einmal 7.00 Uhr in der Frühe. Ich schlafe zum Hof raus. Das ist mein Vorteil. Dadurch kann ich etwa eine halbe Stunde länger schlafen, als wenn ich zur Straße raus schlafen würde. Nein, es sind weder Menschen noch Autos, die unsere Sackgasse früh beleben. Es sind die Spatzen, die in großen Kolonien in den Beeten und im Efeu des Hauses gegenüber wohnen. Sie sind von null auf hundert morgens wach. Ohne Vorwarnung. Ohne Anlaufzeit. Schlagartig fängt die ganze Kolonie an zu quatschen. Ohne Frühstück. Ohne ‚Spatzenkaffee‘.
Inzwischen liege ich schon mindestens zehn Minuten wach. Draußen scheint die ganze Vogelschar erwacht. Hexenkater Iggy ist auch schon aktiv und animiert mich zum aufstehen. Recht hat er. Ich erhebe mich und schaue aus dem Fenster. Mich erwartet eine Überraschung! Skadi war über Nacht da. Sie hat Berlin Kreuzberg mit ihrem Schnee beschenkt. Es ist wunderschön draußen, alles liegt unter einer strahlend weißen Decke. Ein Anblick, den es zu genießen gilt. Bei einer Tasse Kaffee. Während der durch läuft freut sich der Hexenkater schnurrend auf sein Frühstück, nur um gleich darauf auf den Balkon zu flitzen.
Ich entzünde die Kerze auf meinem Hausaltar, denn nehme ich meinen Kaffee und genieße die Wärme, die beim Trinken durch mich fließt. Es schneit immer noch. Ich schaue in den Schnee. In den Verwirbelungen sehe ich noch den Mantel der Göttin Skadi in der Ferne wehen, während sie auf ihren Skiern weiter zieht. Sie wünscht mir Glück für morgen und ich erinnere mich daran, dass ich heute im Schlaf auch Thor gehört habe, dessen Wagen vorbei donnerte. Hatten wir wirklich ein Gewitter? Oder war Thor alleine mich hier in Berlin besuchen, in meinen Träumen? Ich weiß es nicht. Es spielt auch keine Rolle. Die Gottheiten sind da, sie nehmen Anteil und kümmern sich. Ich fühle mich geborgen.
Berlin ist schön. Kreuzberg ist schön. Und ich lebe hier. Ich bin eine Stadthexe. Und mein Tag beginnt. Jetzt.

Der Landwehrkanal im Schneetreiben.
Veröffentlicht am 25. Februar 2016 in Das mystische Berlin, Mein Berlin und mit berlin, Hexe, Hexenkater Iggy, Kater, Katze, Kreuzberg, Schnee, Skadi, Winter getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 3 Kommentare.
😀 😀 vorgestern habe ich auch gedacht, Skadi hätte sich zu uns verlaufen. Riesige Schneeflocken. Vielleicht ist sie nur über uns drüber gezogen, auf dem Weg zu euch 😀
Oh wie schön du bist ebenfalls aus Berlin 😉 denn geniess den Tag! Lieben Gruß
Guten Tag, liebe Curtis. Danke für dein Teilen dieses Morgens. Es ist Magie – auch in der Stadt, und dieser dein ganz eigener Morgen. Ganz nach dem Lied von Raimund Mauch: Schönheit glitzert in den Herzen – gilt auch: Schönheit glitzert in den Städten…und die Spatzen oder Krähen oder Eichelhäher?: Sie haben die ‚Redefreiheit‘, die Niemand verhindern kann; also entweder Hingabe oder glückliche Alternative wie z.B. ein Schlafzimmer zum Hof hin 🙂
Fühl dich getragen bei deinem Treffen. Alles Liebe, bis denne – Paula