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Die grüne Insel

Hinter einer Weide findet man überraschend einen Weg, der scheinbar ins Nichts führt. Hier wächst ein natürliches Feentor, ein direkter Zugang zur Anderwelt.
Draußen auf dem Meer liegt eine Insel, auf der es immer grün ist. Hier scheinen die satten Wiesen – selbst im Winter – nicht ihre Farbe zu verlieren. Das Eiland ist durchwoben von Flüssen und Seen, die reich an Fischen sind. Auf den Weiden fressen sich Schafe und Kühe satt; die einheimische Bevölkerung ist gastfreundlich und in der Regel erfreulich entspannt. Die Menschen teilen sich seit Jahrtausenden den Lebensraum mit den ortsansässigen Síde, den Cluricauns und Leprechauns, die hier hausen. Und so verwundert es kaum, dass zuweilen die Bäume selbst in Form von Feentoren wachsen.
Seit 1991 reise ich, zusammen mit meinem Vater, fast jedes Jahr, meistens im beginnenden Frühjahr, nach Irland. Hier habe ich eine zweite Heimat gefunden, hier kann ich regenerieren. Schon der erste Atemzug, wenn ich das Dubliner Flughafengelände verlasse, ist Entspannung pur. Und dann geht es schnurstracks los zum Auto, Gepäck verladen und ab nach Killeshandra, wo ich seit Jahrzehnten die Pubs besuche, Boot fahre, Angeln gehe, Feenorte besuche und die Seele baumeln lasse. Ich erinnere mich noch, als ich das erste Mal hierher kam – vor nunmehr 24 Jahren. Die Fahrt von Dublin nach Killeshandra dauerte gut und gerne vier Stunden und ging über Pfade, die man kaum als Straßen bezeichnen mochte. Orientiert haben wir uns nicht an Straßenschildern, sondern an Wegmarken. Heute erreichen wir unser Ziel mit dem Wagen in weitaus weniger als zwei Stunden. Die Fahrt geht zum Teil über Autobahnen. Doch dann, wenn es in das Herz der grünen Insel geht, wird es urtümlicher, auch auf den Straßen. Der Weg zum Ziel ist – nach all den Jahren – Routine. Und so erreichen wir ein schönes, kleines Haus auf einem Hügel. Erwartet werden wir hier – genauso wie vor 24 Jahren – von Hans, der uns auch gleich mit einem Mahl, bestehend aus unseren Leibspeisen, empfängt. Was kann es schöneres geben? Das Zimmer ist gemacht, der Kamin prasselt, das Essen ist hervorragend und so beginnt der Urlaub auf der grünen Insel hier schon mit der Anreise.
Der 14. März ist ein kühler Tag in Deutschland. Die Schneeglöckchen und ein paar Krokusse haben sich in Berlin bereits gezeigt. Doch als ich in Irland ankomme, da werde ich bereits von blühenden Narzissen begrüßt. Hier riecht die Luft nach Frühling, wenn daheim der Winter das Land noch fest in den Klauen hält.
In den nächsten Tagen werde ich Euch an dieser Stelle ein paar Berichte und Bilder aus Irland präsentieren, von der grünen Insel, wo meine Seele ihren Anker hat.